Ich vergleiche diesen MPN Eisberg mit meinem unsichtbaren Rucksack, den ich ständig mit mir herumtrage. Aufgrund meiner Haltung erkennt man manchmal nur, dass ich irgendwas herumschleppe. Nachdem aber keiner von euch den Rucksack sehen kann, beschreibe ich ihn einmal für euch: Er ist wandelbar, mal sieht er sehr sportlich aus, mal ist er bunt, mal überaus bieder und farblos. Er hat sehr viele Fächer – große, kleine, welche zum Verschließen und manche sind erweiterbar. Er besitzt auch ein Geheimfach, das immer wieder woanders versteckt ist und unerforschbar scheint. Seit vielen Jahren begleitet mich mein fast unsichtbarer Rucksack tagtäglich fast wie ein guter Freund auf all meinen Wegen. Er passt auf mich auf und erinnert mich stets, gut auf mich zu achten. Ihr fragt euch sicher, wie das möglich ist? Naja, er macht das ganz gefinkelt und verändert sein Gewicht und seine Form – das ist von Tag zu Tag unterschiedlich – spannend und unplanbar zugleich!
Die meiste Zeit ist er Gott sei Dank relativ gut zu ertragen und ich kann meinen Alltag damit gut erledigen. Sowohl im Beruf als auch in der Freizeit vermutet so gut wie keiner meine zusätzliche Last auf den Schultern.
Dann gibt es ab und zu so richtig klare Sonnenscheintage, da ist er so federleicht, dass ich ihn gar nicht spüre. Ich könnte Bäume ausreißen, bin richtig im Flow und wünschte, jeder Tag wäre so. An solchen Tagen bin außer mir vor Glück und voller Energie und Zuversicht. Mit Übermut packe ich dann noch in den Rucksack ein, weil ich das Gefühl habe, so stark und kraftvoll zu sein, diesen Rucksack über weite Distanzen tragen zu können. Das sind schöne Tage mit vielen Ideen und Kreativität. Da fällt mir viel ein, es gibt in diesem Leben noch so vieles, was auf mich wartet!
Und dann, dann folgt auf so einen Sonnenscheintag sehr oft wieder ein Tag, an dem mir mein Rucksack fast zu schwer ist. Da muss ich gut haushalten mit meiner Kraft, um die notwendigsten Wege zu schaffen. Das sind so Tage, wo ich schon Mühe habe aus dem Bett zu kommen, weil durch die Schwere die Muskeln und Gelenke schmerzen und ich keine Idee habe, wie ich den Tag überstehen soll. Um meine Aufgaben erledigen zu können, hilft mir an diesen Tagen meist die Routine und die Erfahrung, mich durchzuschwindeln. Es sind auch die Tage, wo ich mir eher wenig zutraue und lieber einen Schritt zurück mache, um ja nicht in die Verlegenheit zu kommen, mich für meinen Zustand rechtfertigen zu müssen. Blöd ist immer, wenn an solchen Tagen tolle Angebote und dementsprechend Erwartungen an mich herangetragen werden – sei es in der Arbeit oder von Freunden, die mich gerne mögen und dabeihaben wollen.
Und dann, zwar schon viel seltener als früher, gibt es noch den totalen Blackout – wo nichts mehr geht. Es sind die Tage, an denen der Rucksack unerträglich ist. So schwer, dass er mich gar nicht aufstehen lässt. Der Tag zusätzlich mit großen, schwarzen Gewitterwolken startet, der Kopf vor Schmerz zu zerplatzten scheint, der ganze Körper bis zur kleinen Zehe schwach ist, der Magen mit Übelkeit reagiert nicht einmal einen Schluck Wasser hält. Jedes Geräusch im Kopf dröhnt und jeder ansonsten angenehme und wärmende Sonnenstrahl die Augen erdolcht, und ich nur darauf warte, bis das Gewitter abzieht. Ein furchtbarer Zustand, den man keinem Menschen wünscht. An diesen Tagen kann ich nichts machen, da trägt mich nur die Hoffnung und Erwartung, dass mein Zustand sich möglichst rasch bessert und die positiven Lebensgeister wieder das Ruder übernehmen.
Obwohl der Rucksack immer dabei ist und an manchen Tagen gar unerträglich ist, bin ich sehr stolz darauf, ihn die meiste Zeit mit Würde tragen zu können. Der Gedanke an die Sonnenscheintage erfüllen mich immer wieder mit großem Mut und Freude und ich denke mir – so bin ich, das ist mein echtes Naturell!
Um wieder auf den Eisberg zurückzukommen – das stehe ich gefühlt erhaben an der Spitze mit vollem Überblick!
Das Leben ist so schön - ich habe das große Privileg, es noch intensiver erfahren und wertschätzen zu dürfen.
Jetzt, wo ihr diese Geschichte kennt und wisst, wünsche ich mir von euch nichts weiter als euer Verständnis für meine Situation und für mich wünsche ich mir möglichst viele Sonnenscheintage!
In aufrichtiger Freundschaft
Christian